Vier Zukunftsszenarien für den Fußball nach der WM 2022
Von Anja Kirig, Marcel Aberle, Stefan Bader
Unbestritten ist, dass die WM 2022 in Katar zu dem am kontrovers diskutiertesten Fußball Großevents zählt. Und das völlig losgelöst von den sportlichen Begegnungen auf dem Wüsten-Rasen. Gastgeberland, Austragungsort und Initiator standen im permanenten Fokus der medialen wie auch der Social Media Öffentlichkeit und ließen im Diskurs kaum ein Fettnäpfchen ungenutzt. Doch Katar ist nicht das einzige umstrittene Gastgeberland, das ein großes Sportevent ausgerichtet hat. Ebenso standen die ungeeigneten klimatischen Bedingungen des Austragungsortes nichterstmalig zur Debatte. Und auch andere Verbände und Komitees empörten in der Vergangenheit mehrfach durch Skandale, Korruption oder nur schlichte Plumpheit.
Warum sollte sich nach dieser WM in Katar also etwas ändern?
Veränderungen passieren selten mit einem Wumms, meist eher schleichend
Ein Problem mit Wandel ist, dass wir ihn uns perspektivisch immer schlecht vorstellen können und retrospektiv kaum wahrnehmen. Das bisher Nicht-Dagewesene ist schwer vorstellbar. Die Idee, dass alles bleibt, wie es ist, ist vertraut, vermutlich beruhigend. Dabei vollzieht sich beständig ein Prozess der Veränderung, der manchmal schleichend ist, manchmal disruptiv - um sich im Rückblick dann doch nie als Quantensprung, sondern als eine nie wirklich sprunghafte gesellschaftliche Entwicklung zu manifestieren.
Wenn wir uns also die Frage stellen, wie der organisierte Fußball weltweit und seine Großevents – in zum Beispiel zwölf Jahren zur WM 2034 – aussehen werden, ist es wichtig, sich zu vergegenwärtigen, dass der Wandel stetig passiert.
Blicken wir kurz zwölf Jahre zurück:
2010 wurde das erste iPad präsentiert. Von Gesichtserkennung waren wir da noch Jahre entfernt (2016). Netflix war bis 2010 ausschließlich in den USA verfügbar und wer keinen VPN-Zugang hatte, konnte in Deutschland erst ab 2014 auf die heute omnipräsente Plattform zugreifen. Instagram war bis 2010 ebenfalls nicht existent. Eine Vielzahl an heute in unserem Alltag so selbstverständlichen Entertainment-Produkten etablierten sich also erst in der letzten Dekade. Mit ihrem Aufstieg veränderten sich maßgeblich unsere Konsum- und Interaktion Gewohnheiten.
Die Weltmeisterschaft fand 2010 in Südafrika statt und damit zum ersten Mal auf dem afrikanischenKontinent. Unter dem Lärm der Vuvuzelas wurde Spanien zum ersten Mal Weltmeister und besiegte die Niederlande im Finale. Für die FIFA war das Event ein wirtschaftlicher Erfolg, was nicht zuletzt daran lag, dass man bei der südafrikanischen Regierung durch enormen Druck eine Steuerbefreiung erwirkte. Das Land Südafrika und der afrikanische Kontinent konnten sich bei der WM zwar positiv der Welt präsentieren, wirtschaftlich wurden die Ziele jedoch deutlich verfehlt - anstatt eines geplanten Gewinns von etwa einer halben Milliarde Euro stand am Ende ein Nettoverlust von 2,1 Milliarden Euro zu Buche. Auch die Ziele bei der Schaffung neuer Arbeitsplätze wurden nur sehr punktuell während des Events erreicht und wirken nicht nachhaltig.
Und nicht nur das hat sich in den vergangenen zwölf Jahren massiv verändert. Greta Thunberg feierte 2010 ihren 7. Geburtstag. Es dauerte noch über acht Jahre, bis das Mädchen aus Stockholm zu einer führenden Figur einer globalen Jugend-Umweltbewegung werden sollte. Das veränderte Bewusstsein für den Klimawandel prägt seither maßgeblich die Gesellschaft, Politik und beeinflusst Unternehmungen jeglicher Art.
Kurz bevor Greta Thunberg in den Schulstreik für das Klima startete, wurde im Übrigen in Saudi-Arabien im Juni 2018 den ersten Frauen ein Führerschein und damit Fahrerlaubnis ausgestellt. Es war das letzte Land weltweit. Das ist nur knapp 4,5 Jahre her, 2022 fuhren sie bereits Rallyes durch die Wüste.
Zukunftsspekulationen
Dies im Hinterkopf habend, können wir nun eine Annäherung an 2034 wagen. Nicht nur der Austragungsort ist bis dato unbekannt, sondern eine Vielzahl anderer Parameter: Geopolitische Situation, allgemeine und punktuelle Auswirkungen des Klimawandels, technologische Disruptionen sowie das Erscheinen eines berüchtigten schwarzen Schwans. Dazu kommt das Fortschreiten der sowieso existenten globalen Treiber wie etwa Individualisierung, Gender Shift, Silver Society, Gesundheit oder auch Konnektivität und Wissensgesellschaft. Kumuliert werden diese Faktoren dann in der Gesellschaft und ihrem Verhalten, ihren Werten undSystemen sichtbar.
Wie werden die kommenden Generationen den Fußball prägen und die WM im Jahr 2034 erleben – sofern es sie denn gibt...?
Oliver, heute 8 Jahre alt, liebt Fußball. 2034 wird er 20 Jahre alt sein. Aufgewachsen innerhalb eines transformativen Wandels des Metaverse; den Diskussionen über Nachhaltigkeit und nicht zuletzt als Großstadtkind einer kunterbunten Regenbogenfamilie, deren Werte zwischen konservativen Familientraditionen und Geschlechter Liberalität rangieren.
Oder die heute 15-jährige Pari, die aktuell miterlebt, wie in ihrer Heimat, dem Iran, Menschen für Freiheit auf die Straße gehen. Wird Pari 2034 in Teheran an einem Public Viewing ganz selbstverständlich ohne Kopftuch und andere Bekleidungsvorschriften teilnehmen können? Wird sie sich wundern, dass es immer noch keine Mixed Teams in der FIFA gibt?
Wie wird der überraschende Erfolg der marokkanischen Nationalmannschaft Youssef prägen? Der 45-jährige lebt seit über 20 Jahren in Frankfurt, ist Eintracht Fan, feiert Abdelhamid Sabiri. Sein Star ist in Frankfurt aufgewachsen, spielt 2020 für die Eintracht und die marokkanische Nationalmannschaft. Wie werden die Multinationaltäten 2034 gelebt?
Wie wird Suzu, eine 20-jährige Profi-Gamerin aus Japan, nicht nur den E-Sport, sondern auch den Fußball mit verändern?
Oder Ken, der in einem Slum in Nairobi kickt, Jorge, der in Brasilien von einer Profikarriere träumt, Samantha, die in Washington auf ein Sport-Stipendium hintrainiert? Wie werden die heutigen Baby Bommer und Best Ager den Fußball bewahren oder transformieren?
Wir leben in einer Ära des „Achtung Wort des Jahres 2022" - Zeitenwandels. Der Wandel wird, wie oben erwähnt, von den unterschiedlichsten Komponenten bestimmt. Es gilt also, die möglichen Zukünfte herauszufiltern. Dafür eignen sich Szenarien-Techniken.
Angewandt auf die Frage "Fußball nach Katar 2022" haben wir folgende Treiber definiert (vgl. Anhang Grafik 1) und daraus vier mögliche Szenarien abgeleitet (vgl. Anhang Grafik 2). Zu 100 Prozent wird sich keine der vier durchsetzen, aber es wird eine Richtung geben. Welche haltet Ihr, halten Sie für am wahrscheinlichsten?
Die gesellschaftlich relevanten Entwicklungen spiegeln sich nur unzureichend im Handeln der Akteure, Leistungsträger und Entscheider wieder. Zwar werden Maßnahmen zu verschiedenen Themen wie Integration, Nachhaltigkeit und Diversity angestoßen, diese jedoch nur nachlässig verfolgt.
Daten und Fakten werden entsprechend den eigenen Interessen verbogen und von außen wenig hinterfragt. Es geht mehr um ein gutes Gefühl statt um wirkliche Handlungen. So wird die Verletzung von Menschenrechten weiterhin von NGOs und einer kritischen Öffentlichkeit thematisiert – aber wie bisher von der Weltgesellschaft toleriert. Minimale Stellschrauben werden hier und dort gedreht, um die Situation nicht völlig eskalieren zu lassen.
Im Fußball geht es weiterhin vor allem um Prestige, Geld und Wachstum. Alles muss sich den Weltmeisterschaften der Männer-Nationalteams und neuerdings auch den Club-Weltmeisterschaften unterordnen. Die freien Zeitfenster für nationale und regionale Meisterschaften der Damen und Herren werden immer geringer, auf den Amateursport wird keine Rücksicht genommen. Klassische Rollenbilder und heterosexuelle Normen prägen nach wie vor die Teams und auch die journalistische Berichterstattung.
Das Regelwerk bleibt weitestgehend unverändert. Eine Ausnahme ist eine Erweiterung der Meisterschaften. So können immer mehr Spiele stattfinden, die sich kapitalisieren lassen. Auswirkungen auf Spieler stehen dabei nicht im Fokus und führen zu immer mehr schweren Verletzungen.
Die Profi-Spieler verdienen Unsummen, jetten durch die Welt und bleiben die unangefochtenen Helden der breiten Öffentlichkeit. Die jungen Nachwuchsspieler treibt der Gedanke an den Aufstieg in eine andere gesellschaftliche Klasse. Sie hoffen neben dem Reichtum auf Respekt.
Die von der FIFA eingeführte Club-Weltmeisterschaft mit 64 Teams führt dazu, dass nationale Meisterschaften an Relevanz verlieren. Die Top-Clubs sind fest in der Hand von Energiescheichs, Oligarchen und reichen Geschäftsleuten. Ihr gemeinsames Hobby: Realtime Fußballmanager. Jedes Spiel wird zum Mega-Event, die Tickets dafür kaum noch bezahlbar. Unternehmen und Nationen investieren und nutzen den Fußball als Sportswashing, um ihr Image aufzupolieren.
Die WM 2034 geht nach einem kontroversen Bewerbungs- und Auswahlprozess an China. Um den leidigen Diskussionen zu entgehen, entscheidet die FIFA, dass Weltmeisterschaften zukünftig direkt „gekauft” werden können.
Zuschauer fasziniert primär die Inszenierung, nicht den Sport. Die Leistungen und Tore der mittels Technik, Medizin und Wissenschaft hochgezüchteten Spieler werden immer spektakulärer. Die Spieler hingegen identitätsloser.
Allgemein ist ein Rückgang des Interesses zu beobachten. Die Mehrheit kann sich den Zugang zudem Profisport nicht mehr leisten. Traditionelle Fußballfans wenden sich vermehrt vom Sport ab, da er nicht mehr mit den eigenen Werten vereinbar ist. Fußball wird zum gesellschaftlichen Streitthema. Statt als Kleister zu dienen, spaltet der Fußball ganze Familien.
Innerhalb der kapitalistischen Wirtschaftslogik des Wachstums führen Kreislaufwirtschaft und neue Technologien dazu, dass sich ein allgemeiner Wertewandel mit Fußball und Kapitalismus nicht widerspricht. Die Adaption des bestehenden Systems an die auf es einwirkenden „neuen” Umstände, führt dazu, dass Fußball und Kapitalismus weiterhin auf Erfolgskurs sind. Die Konvergenz zwischenwirtschaftlichen und moralischen Interessen gelingt durch Innovationen, Mut und kreative Maßnahmen.
Sport als Lebensgefühl (Sportivity) bleibt eng mit dem Konsum verknüpft. Er widerspricht sich immer weniger mit Nachhaltigkeit. Produkte entwickeln sich beständig weiter. Materialien und Ressourcen laufen dabei jedoch in den Kreislauf wieder ein. Neue Technologien und Netzwerke beschleunigen diesen Prozess. Fakten und Evidenz belegen dabei klar, welche Maßnahmen wirken und welche nicht. Konsument:innen sind immer besser in der Lage, die Komplexität abzuschätzen und einzuordnen. Unternehmungen, die sich nicht rechtzeitig darauf eingestellt haben, sind nicht länger am Markt präsent.
Konnektivität lässt absolute Transparenz zu. Themen wie eine Verletzung von Menschenrechten oder klimaschädlichem Verhalten werden schnell sichtbar und global angesprochen. Die Anpassung passiert graduell, eine Verbesserung findet dabei nach und nach statt.
Der Weltfußball hat nicht nur eine ökonomische, sondern auch gesellschaftliche Kraft, die zu zerbrechen droht. Vereine und Verbände steigern daraufhin ihre Anstrengungen, das Image des Fußballs nach der WM in Katar zu verbessern. Während in den 2020er Jahren „Gutes tun“ und wirtschaftlicher Erfolg nur schwer zu kombinieren sind, wird es mit dem neuen Jahrzehnt einfacher. Technologischer Fortschritt und die allgemeine Etablierung neuer Handelsprinzipien lassen auch den Fußball nachhaltiger und sozialer werden. Eine klare Positionierung der Vereine und Verbände zu gesellschaftlichen und politischen Themen bleibt relevant. Fans hinterfragen Aktionen und Strategien, fordern Handlungen ein.
Der Social Return of Investments wird ebenso ausschlaggebend für die wirtschaftliche Bewertung wie die Kriterien, die auch an B-Corps gestellt werden (Benefit-Corporations).
Im klassischen Männer- wie Frauenfußball interessiert sich kaum noch jemand für die sexuelle Identität oder Orientierung. Wer sich outet, erhält maximal in Szene-News eine Schlagzeile.
Stadien unterliegen längst Nachhaltigkeitskriterien. Sie schaffen auch abseits der Spieltage einen Mehrwert und sind in urbane Quartiere integriert. Architekten finden hierfür kluge und kreative Ideen. Die Spieler fliegen zu den internationalen Spielen ausschließlich in zero-emission Flügen. Noch fliegen nicht alle Flugzeuge mit synthetischen Kraftstoffen, durch andere Maßnahmen rund um ihre Venues können Clubs ihren ökologischen Fußabdruck dennoch auf neutral senken. Der ökologische Handabdruck wird parallel zum neuen Bewertungskriterium.
Der Weltfußball schafft es durch einen Kurswechsel, Transparenz und entschiedene Maßnahmen, sein Image wieder zu verbessern. Die Beliebtheit des Sports wächst, die Flexibilität innerhalb des Fußballs ebenfalls. Sponsoren der WM sind Konzerne, die klassische Pfadabhängigkeiten rechtzeitig verlassen haben und in Kreislaufproduktion, post-carbon und Biotechnologien investiert haben.
Die Spieler verdienen weiterhin viel, aber längst sind die Summen gedeckelt. Wer ausschert, muss internationale Strafen und Steuern zahlen.
Auch der Amateurbereich profitiert von der Weiterentwicklung. Wertewandel und die vielen Innovationen nutzen dem Breitensport. Vereine schaffen es darüber, sich finanziell am Laufen zuhalten und gleichzeitig ihre soziale Rolle einzunehmen.
Gut einhundert Jahre nach der Great Depression kommt es wieder zu einer langanhaltenden Weltwirtschaftskrise. Massenmigrationen aufgrund von Perspektivlosigkeit in den ärmsten Ländern der Welt nehmen radikal zu. Auch in den wirtschaftlich, bis dato noch stabileren Ländern nimmt die Spaltung zwischen Arm und Reich exorbitant zu. Dies führt zu Armut und globalen Protestbewegungen.
Eine Gemengelage aus Inflation, Rezension, Boykott und finanziell gesperrten Club-Besitzern lassen den Profi-Fußball kollabieren. Die Gehälter der Fußballstars stehen im Kontrast zu der globalen Wirtschaftslage.
Nationale und kontinentale Vereinsmeisterschaften werden aufgrund der geringen Nachfrage der Fans deutlich reduziert, erste Stadion werden zurückgebaut. Die ehemals weltbesten Vereine gehen reihenweise insolvent. Fußball bleibt Teil der Kultur, wird aber nicht mehr professionell organisiert, sondern findet spontan in flexiblen Rahmen statt. Bolzplätze werden in Eigenregie gebaut und gepflegt. Andere Sportarten, die mehr auf Innovationen und Kreativität setzen, können jedoch ehemalige Fußball-Fans für sich gewinnen.
Die Weltmeisterschaft findet abgeschottet erstmals in Australien statt. Sie wird unter enormen Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt – Spieler und Funktionäre werden hermetisch abgeschottet. Aufgrund zunehmender politischer Instabilitäten und schwellenden Bürgerkriegen weltweit, können sich nur noch wenige Nationen überhaupt eine Teilnahme leisten oder ihre Teams qualifizieren. Die unterschiedliche Anerkennung von Regionen, die sich unabhängig von einer Nation erklärt haben, erschwert die Situation.
Sponsoren haben sich aufgrund von Rezession und Skandalen rund um den Sport frühzeitig zurückgezogen. Viele Unternehmen fehlt es schlicht auch an Kapital. Kaum ein Sender überträgt noch die Spiele. Instabile Infrastrukturen weltweit lassen sowieso den Zugängen zu Medien nicht planen.Gerüchten zufolge wird das Event voraussichtlich das letzte dieser Art sein. Die WM 2038 wird auf unbestimmte Zeit verschoben.
Nicht nur die Gesellschaft stellt sich die Frage, ob Wachstum Grenzen hat. Auch Unternehmen und Organisationen merken, dass der klassische Wachstumsgedanke ausgedient hat.
Gewinne werden geteilt, in zivilgesellschaftliche Projekte oder innerhalb der Organisationsentwicklung investiert. Social Entrepreneure und Benefit-Corporations sind Treiber der Bewegung. Unternehmensmultis, Global Player, Großkonzerne werden nach und nach zurückgebaut und dezentralisiert. Die Wirtschaft wächst kaum noch. Während der materielle Lebensstandard der Bevölkerung sinkt, schließt sich ein Teil der Einkommenslücke. Auch aufgrund der Einführung von Grundeinkommen in vielen Ländern.
Angestoßen wird die Entwicklung auch von einer neuen Co-Kultur, die sich flach hierarchisch untereinander vernetzt – und handelt. Kollaboration statt Konkurrenz, Coopetition statt Wissen ‘bunkern’. Die Nutzung von Technologien ermöglicht es, dass sich Netzwerke etablieren, die ohne Zwischenhändler und Plattformen auskommen.
Transparente, direkte Tradings und Interaktionen, die durch dezentrale Blockchain Technologien ermöglicht werden, lassen Fans und Spieler näher aneinander rücken. Sie brechen die klassischen Hierarchien, Lieferketten und Abhängigkeiten auf.
Top-Clubs zeichnen sich nicht durch Marketing, Investitionen und Leistung aus, sondern durch die Angebote der Teilhabe und Transparenz. Sie stellen ein eigenes Ökosystem, das den Community-Gedanken perfektioniert. Clubs sind eine der stärksten Stimmen der Gesellschaft, sie bieten Menschen viel mehr als 90 Minuten Fußball. Der Ansatz des Entertainments wird zum Valuetainment.
Die Organisationsform von Profi-Vereinen ist flach hierarchisch. Gewinne dürfen nicht erwirtschaftet werden, Schulden müssen dem Gemeinwohl des Vereins dienen. Konnektivität ermöglicht Kollaboration weltweit. Ziel: Den Fußball nutzen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Somit avanciert Fußball zu einem Transformations-Sport weltweit. Er steht für Postwachstumswirtschaft und Co-Kultur.
Vor allem kleine, regionale Teams profitieren. Sie bieten Fußball-Fans spannende Spiele auf Augenhöhe. Sind Teil eines Wandels, der sämtliche gesellschaftliche Schichten durchzieht. Finanziert werden sie von Stiftungen, den Fans, Mitgliedern, Crowdfunding oder Unternehmensgewinnen. Viele Nischen-Vereine gründen sich.
Regeln und Grenzen werden von der Basis diskutiert und entsprechend der gesellschaftlichen Transformation angepasst. So finden auch Großevents jenseits geopolitisch, nationaler Ideen statt. Die erste Mixed-Teams-Liga wird 2035 einen Welt-Cup bestreiten. Austragungsort sind die nordafrikanischen Vorzeigedemokratien der Maghreb-Staaten. Die Sponsoren sind hochkarätig, die Senderechte längst verkauft.
Events müssen sich tragen, aber keinen Gewinn abwerfen. Im Vordergrund stehen Miteinander und Support, statt Konkurrenz und Leistung.
Ligen entwickeln sich darüber eigenständig neu. Der organisierte Breitensport verändert sich, wenn Verbände durch neue Strukturen und Zusammenschlüsse plötzlich Konkurrenz bekommen.
Nicht alles läuft reibungslos. Interkulturell wird viel diskutiert. Manche wünschen sich alte Strukturen zurück. Nicht jeder hat das gleiche Verständnis von Gerechtigkeit und Teilhabe. Es bleibt ein weltweiter Lernprozess.
Zu den Autoren:
Stefan Bader
Geschäftsführer teamwerk sport
stefan.bader@teamwerk-sport.de
www.teamwerk-sport.de
Stefan Bader ist Co-Autor der Studie "Fußball 2050“.
Er konzipierte und begleitete die Vereinsentwicklungsprozesse des VfB Stuttgart und des SCR Altach. Darüber hinaus war er als Markenberater für Sportler aus unterschiedlichen Sportarten tätig, wobei der Fokus hierbei die Wertetreiber des jeweiligen Sportlers waren.
Anja Kirig
Zukunfts- und Trendforscherin
info@anjakirig.de
anjakirig.de
Anja Kirig ist freiberuflich als Zukunfts- und Trendforscherin tätig. Sie arbeitet mit der Methodik der Megatrends und den sich daraus ableitenden soziokulturellen Entwicklungen. Dabei liegt ihr Schwerpunkt u.a. auf der Sport- und Freizeitkultur. Zu der Sportgesellschaft der Zukunft publiziertesie 2014. Die Studie „Sportivity“ erschien im Verlag des Zukunftsinstituts.
Marcel Aberle
Zukunfts- und Trendforscher
marcel@zumu.at
Der mehrfach ausgezeichnete Innovations-Preisträger führte 3,5 Jahre als Geschäftsführer dasZukunftsinstitut in Österreich. Unter anderem entwickelte er die Trend Canvas am Zukunftsinstitut, welche er im Februar 2022 im gleichnamigen Verlag als Workbook veröffentlichte. Seine Leidenschaft für Sport und Zukunft verknüpft er als Co-Host im Podcast Modern Ballers.